Neue Sachlichkeit in der Literatur

Neue Sachlichkeit - die Literaturepoche der Weimarer Republi

Die Kunstströmung, die in der Zeit der Weimarer Republik vorherrschte, nennt man Neue Sachlichkeit. Solche Strömungen halten sich natürlich nicht an Änderungen des politischen Systems. Somit gab es auch noch Kunstrichtungen aus der Kaiserzeit und genauso wirkten andere über die Weimarer Republik hinaus.

Die Neue Sachlichkeit lässt sich jedoch recht gut begrenzen. Der Einschnitt zu Beginn wird vom Ende des Ersten Weltkrieges markiert (1918), das Ende von der Machtübernahme durch die Nazis 1933. Die häufig politischen Inhalte passten nicht ins Bild der Nationalsozialisten und sie verboten die Bücher. Viele Autoren gingen ins Exil.
 

Die Neue Sachlichkeit - nicht nur in der Literatur

Die Neue Sachlichkeit lässt sich nicht nur in der Kunst und somit in der Malerei und der bildenden Kunst nachweisen, sondern auch im Film, in der Fotografie, der Architektur und der Literatur. Vorherrschend in der Zeit ab 1910 war der Expressionismus gewesen. Von seiner starken und leidenschaftlichen Ausdruckskraft grenzt sich die Neue Sachlichkeit ab durch Nüchternheit und Realismus.

Die moderne Gesellschaft wurde nun kühl und distanziert, aus einer beobachtenden Haltung heraus, dargestellt. Die Autoren schrieben klar, dokumentarisch und sachlich. Viele Autoren waren politisch interessiert und engagiert. Sie waren eher demokratisch gesinnt, also Anhänger der Republik oder auch einer linken Räterepublik, manche waren links-liberal.
 

Merkmale der Literatur der Neuen Sachlichkeit

Die Hauptpersonen sind meistens einfache Menschen: Arbeiter, Sekretärinnen, Angestellte, auch Ingenieure oder Arbeitslose. Ihre Gefühle werden nicht oder kaum gezeigt, sie werden ganz sachlich dargestellt, manchmal fast kühl.
Diese Menschen und ihr Leben in der modernen Gesellschaft sind das Thema vieler Romane.

Themen sind die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges, die Inflation, die Armut und somit die politische und wirtschaftliche Wirklichkeit der Weimarer Republik. Die gesellschaftlichen und auch die großen technischen Veränderungen der Zeit schlagen sich in den Texten nieder. Die Alltagssorgen der Menschen wurden wiedergegeben.

Die Sprache war einfach und schnörkellos. Alles sollte leicht verständlich sein. Auch weniger gebildete Menschen sollten den Roman leicht verstehen können. Die Alltagssprache der Leser sollte wiedergegeben werden. So gibt es viele Dialoge, die auch den Dialekt der handelnden Personen wiedergeben. Die Literatur wurde so auch zu einem Massenmedium und machte damit einen Sprung in die Moderne.

Beliebt war die Montagetechnik. Dabei wurden zum Beispiel Zeitungsberichte oder Lieder in die Texte eingefügt.
 

Autoren der Neuen Sachlichkeit

Bekannte Autoren der Neuen Sachlichkeit (die zum Teil aber vorher oder hinterher in einem anderen Stil schrieben) waren zum Beispiel Hans Fallada (z. B. "Kleiner Mann – was nun?" 1932), Lion Feuchtwanger ("Erfolg" 1930), Hermann Hesse ("Siddharta" 1922, "Der Steppenwolf" 1927), Erich Kästner ("Fabian", 1931) und Hermann Kesten ("Josef sucht die Freiheit" 1927, "Der Scharlatan" 1932).

Auch Heinrich Mann ("Ein ernstes Leben" 1932), Erich Maria Remarque ("Im Westen nichts Neues" 1928), Joseph Roth ("Die Flucht ohne Ende" 1927) und Kurt Tucholsky ("Schloss Gripsholm" 1931) gehören zu den neu-sachlichen Autoren. Zu den bekannten Schriftstellerinnen gehört Vicki Baum, deren "Menschen im Hotel" 1929 ein großer Erfolg war.
 

Typische Literaturgattungen der Neuen Sachlichkeit

Es gab auch typische Literaturgattungen dieser Zeit. Dazu gehört der so genannte Zeitroman. In ihm werden die Lebensbedingungen der Menschen aus der Zeit, in der der Roman spielt, ganz genau geschildert. Er gibt also ein Porträt der Zeit wieder. Ein Beispiel ist "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque, in dem der Erste Weltkrieg thematisiert wird.

Missstände der Zeit deckten auch die Gedichte auf, die Bertolt Brecht 1927 als Gebrauchslyrik bezeichnete. Die Leser sollten den Inhalt sofort verstehen können und somit einen sofortigen Nutzen davon haben. Neben Brecht schrieben zum Beispiel Kurt Tucholsky und Erich Kästner Gebrauchslyrik.

Neu ist auch die Reportageliteratur. Diese Texte sind in journalistischem Stil geschrieben und besonders sachlich. Typisch sind die Reportagen von Egon Erwin Kisch. Eine Sammlung davon hat er in "Der Rasende Reporter" (1924) herausgegeben.

1926 prägte Bertold Brecht den Begriff des Epischen Theaters. Mehr dazu unter Theater.

Typisch ist auch das Kritische Volkstheater. Schon vorher gab es ein Volkstheater, das zeigt, was das Volk gern sehen wollte. Nun zeigt das Volkstheater zum einen das "Volk" auf der Bühne: Hauptpersonen waren nun Arbeiter, Handwerker, Kleinbürger. Thematisch werden oft politische und wirtschaftliche Probleme der Zeit aufgegriffen. Gesellschaftskritik wird geübt. Ein bekannter Autor dieser Art Theater ist Ödön von Horvath.