Das neue Volksstück – was schreiben Carl Zuckmayer, Ödön von Horvath und Marieluise Fleißer?

Das Volksstück in der Weimarer Republik

Ein Volkstheater als Gegensatz zum höfischen Theater hatte es schon im 18. und 19. Jahrhundert gegeben. Hier wurden eher lustige Stücke gespielt oder es wurde auch mal im Dialekt gesprochen. Oft enthielt es Musik, Gesang und Tanz. Die handelnden Personen gehören dem einfachen Volk an (im Gegensatz zum Adel) und die Stücke sind für das Volk als Publikum geschrieben. Derbe lustige Stücke nannte man Possen, oft spielte als lustige Figur der Hanswurst mit. Ein Zentrum des Volkstheaters war Wien, damals die größte deutschsprachige Stadt.

Das Volksstück ist ein offenes Drama. Das heißt, dass die Handlung nicht unbedingt einer Entwicklung auf einen festen Schluss hin folgt. Die Szenen müssen nicht miteinander verknüpft sein. Die Handlung kann auch an mehreren Orten spielen, die Szenen müssen sich auch nicht zeitlich aneinanderreihen.

Nach dem Ersten Weltkrieg verwandelte sich das Volkstheater. Die Volksstücke wurden zunehmend kritischer (sozial- und gesellschaftskritisch). Sie richteten sich vor allem an die Arbeiterschaft und das Bürgertum und insgesamt eben an ein breites Publikum. Themen im Volksstück der Weimarer Republik waren häufig Entfremdung und Sprachlosiglkeit. Welche Autoren schrieben in den 20er Jahren Volksstücke?
 

Noch überwiegend traditionell: Carl Zuckmayer

1925 wurde im Berliner Theater am Schiffbauerdamm "Der fröhliche Weinberg" uraufgeführt. Dieses Stück stammt aus der Feder von Carl Zuckmayer und wurde eines der meistgespielten Stücke der 1920er Jahre.

Bis heute durch die spätere Verfilmung bekannt ist "Der Hauptmann von Köpenick", der 1931 das erste Mal im Deutschen Theater in Berlin auf die Bühne gebracht wurde.

Zuckmayers Stücke entsprechen dem Typus des Volksstücks, weil sie lustig sind und die Sprache derb. Dennoch ist eine gewisse Gesellschaftskritik damit verbunden. Im "Hauptmann" z. B. macht er sich lustig über das Strammstehen vor Uniformträgern.
 

Sozialkritik im Volksstück von Marieluise Fleißer

Auch die Stücke von Marieluise Fleißer kann man als Volksstücke bezeichnen. "Fegefeuer in Ingolstadt" und "Pioniere in Ingolstadt" wurden 1926 bzw. 1929 in Berlin uraufgeführt. Vor allem bei dem zweiten Stück stand Bert Brecht Marieluise Fleißer zur Seite. Die Uraufführung wurde zum Theaterskandal, weil Brecht so manche provozierende Szene eingearbeitet hatte.

In ihren Stücken geht es um eine unmenschliche Hackordnung, Ausübung von Macht und Machtmissbrauch und schließlich die Frau als Opfer gesellschaftlicher Zwänge. Die Personen leiden an Sprachlosigkeit.
 

Ödön von Horváth erneuert das Volksstück

In den Stücken von Ödön von Horváth wird die Gesellschaftskritik besonders deutlich vorangetrieben. Er ergreift Partei für die Randfiguren der Gesellschaft, z. B. in "Geschichten aus dem Wiener Wald" von 1931 und "Kasimir und Karoline" von 1932.

Bürgerliche Normen werden kritisiert. Es wird auch gezeigt, wie sprachlos die Menschen oft sind, wie ihnen die Möglichkeiten der Kommunikation abhandengekommen sind, wie sie sozial entfremdet leben. Besonders deutlich wird das gezeigt durch den Kontrast von Rummelplatz und Kitsch als Schauplatz zur inneren Zerrissenheit der Figuren.
 

Das bäuerliche Volksstück lebt dennoch weiter

Das traditionelle bäuerliche Stück lebte dennoch ebenfalls weiter. In den Stücken von Karl Schönherr, Franz Kranewitter oder Richard Billinger zeigt sich bereits die Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten.

Mit den Stilmitteln des Naturalismus betrieben die Autoren eine Glorifizierung des Bauerntums als ureigenste Quelle des deutschen Volkes. Das Landleben und die Natur wurden verherrlicht.