Die Liberalen zur Kaiserzeit

Liberale zur Kaiserzeit

Was oder wer sind "die Liberalen"? Der Begriff wird heute mit der Partei der FDP in Verbindung gebracht. Gab es Liberale schon im Kaiserreich?

Das Lateinische "liber" stand bei der Namensgebung Pate

Das zughörige Substantiv lautet "Liberalismus". Abgeleitet wird der Begriff vom Lateinischen, "liber" bedeutet "frei". Liberalismus war eigentlich eine philosophische Idee und kein politischer Begriff. Im Mittelpunkt stand der Mensch als Individuum. Und dieser Mensch ist gegen ein Eingreifen des Staates zu verteidigen.

Es gab verschiedene Strömungen des Liberalismus

Doch der Liberalismus hatte verschiedene Strömungen. So gab es einerseits die so genannten Nationalliberalen, die auch bei der Gründung des Deutschen Reiches eine wichtige Rolle gespielt hatten und die national dachten, sich also für eine deutsche Nation einsetzten. Doch ihr Einfluss nahm seit 1890 immer mehr ab. Das sollte bis 1914 - dem Jahr des Kriegsausbruchs - auch so weitergehen.

Doch auch den Linksliberalen erging es nicht besser, vor allem weil sie innerhalb der Partei schrecklich zerstritten waren. So kam es immer wieder zu Abspaltungen und Parteineugründungen, wie zum Beispiel der "Freisinnigen Volkspartei" oder der "Freisinnigen Vereinigung".

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Liberalen während der Herrschaft Wilhelms II. nie wieder ihre alte Stärke erlangen konnten. Selbst wenn man die Stimmen der linken und der rechten Kräfte der Partei zusammenzählt, Mehrheiten im Parlament erreichten sie nicht.

Die Liberalen hatten wenige Stammwähler

Ein Grund lag wahrscheinlich darin, dass, anders als bei der SPD oder auch den Konservativen, die Liberalen keine richtige Stammwählerschaft besaßen. Ihre Wähler gehörten verschiedenen Gesellschaftsgruppen an. Da waren Beamte, Angestellte, Anwälte und Richter, Professoren, aber auch Fabrikanten und Kaufleute. Auch mancher Handwerker oder Bauer wählte die Liberalen. Der Anteil an liberalen Wählern, die entweder einen hohen Bildungsstand  besaßen oder auch Besitz ihr eigen nannten, war sicher höher als bei anderen Parteien.

Ein wichtiges Ziel der Liberalen des 19. Jahrhunderts war die Einigung des Deutschen Reiches

War die nationale Einheit ein gemeinsames Ziel der Liberalen bis zur Reichsgründung 1870/71 gewesen, so gab es danach wenige "Ersatzziele". Letztlich unterstützten nicht nur die Nationalliberalen die Kolonialpolitik Wilhelms II., sondern sogar die Linksliberalen. Dem Streben, eine große und bedeutende Nation zu sein bzw. zu werden, konnten sich auch die liberalen Kräfte im Deutschen Reich nicht entziehen. 

Einer der führenden Liberalen war Ernst von Bassermann, den du auf dem Foto rechts siehst.