Mauerschützenprozesse

Was waren die Mauerschützenprozesse?

Beginn der Mauerschützenprozesse am 2. September 1991

Im September 1991 begannen die so genannten Mauerschützenprozesse. Bei diesem Termin standen vier ehemalige DDR-Grenzsoldaten vor Gericht. Grenzsoldaten sind Soldaten, die eine Grenze bewachen. In der DDR hatten die Grenzsoldaten die Aufgabe zu verhindern, dass jemand aus der DDR die Grenze übertritt. Hier galt es, die Grenze nach außen zu schützen. Bürger*innen der DDR durften die Grenze nicht ohne besondere Gründe überschreiten. Wer dies trotzdem versuchte, hatte damit zu rechnen, dass geschossen wurde.

Der letzte Mauertote

Die Grenzsoldaten sollten einen Flüchtling - im Februar 1989 - bei der Flucht erschossen haben. Er war der letzte so genannte "Mauertote" in der DDR. So nannte man die Menschen, die bei der Flucht aus der DDR - also über die Mauer zwischen DDR und BRD - getötet wurden. Die Anklage gegen die Mauerschützen erfolgte wegen versuchten und vollendeten Totschlags. So lautete jedenfalls die juristische Anklage. Am Ende wurde einer der Soldaten wegen Totschlags zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der Schütze selbst wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die anderen DDR-Grenzsoldaten im Mauerschützenprozess sprach das Gericht frei. Das Urteil wurde später wieder aufgehoben. Die Schuld blieb bestehen, die Urteile wurden milder und meist auf Bewährung ausgesetzt. Das war auch eine allgemeine Richtung, die man bei den folgenden Prozessen beibehielt.

Ethik der Mauerschützenprozesse

Die Aufgabe der Gerichte war keine einfache. Die Rechtslage sah so aus, dass die Mauerschützen auf Befehl von oben handelten und nach damals gültigem Recht. Somit waren die Verantwortlichen höhere Offiziere oder gar die Staatsleitung. Am Ende der Kette stand Erich Honecker und andere. Doch lange Zeit verwahrte man sich dagegen, dass es einen solchen Schießbefehl überhaupt gegeben hätte. Die Verantwortlichen wiesen jegliche Verantwortung von sich.

Erst 1992 fand man eine schriftliche Aussage, die sich auf den Schießbefehl bezog. So bestanden viele Fragen weiter, die zu beantworten waren. Gab es einen Befehlsnotstand für die Schützen? Wer war der letztliche Verantwortliche für den Schießbefehl?

Wie viele Urteile wurden innerhalb der Mauerschützenprozesse gefällt?

Wegen Gewalttaten an der innerdeutschen Grenze wurden in den Folgejahren insgesamt 385 Urteile gefällt. 110 davon lauteten auf Freispruch, 275 Täter wurden verurteilt. Insgesamt ging es bei den Prozessen um die Mauerschützen um 270 Tote, es gab 112 Gerichtsverfahren. Am 9. November 2004 sprach das Berliner Landgericht das letzte Urteil. Die Richterin sprach die Anklagten wegen Beihilfe zum Mord und wegen versuchten Mordes schuldig. Doch Strafen folgten trotz des Schuldspruches nach diesem Prozess nicht. So zeigten diese Prozesse, dass die bundesdeutsche Gerichtsbarkeit mit den Mauerschützenprozessen an ihre Grenze kam. Es gab zwar Urteile, die viele als zu mild, die Betroffenen selbst als zu hart empfanden. Die Behauptung, sie hätten immer nur auf Befehl gehandelt, rückte immer wieder in den Mittelpunkt. Auch die Hauptverantwortlichen zogen sich am Ende aus der Affäre. [vgl. auch Politbüroprozess]