Leben in der Stadt – Leben auf dem Land
Leben in der Stadt und auf dem Land
Landflucht und Verstädterung
Typisch für die Zeit der Weimarer Republik war eine weitere Landflucht, wie sie schon um 1800 eingesetzt hatte und ab 1850 besonders stark wurde.
Auf dem Land gab es nicht genug Arbeit für alle. Außerdem war die Arbeit hart, der Arbeitstag lang, die Bezahlung schlecht.
So zog man in die Stadt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben und vor allem natürlich auf Arbeit. Dadurch verschärfte sich in den 20er Jahren die Wohnungsnot in den Städten.
Mietskasernen: Wohnungselend durch Industrialisierung
Schon am Ende des 19. Jahrhunderts waren mit der Industrialisierung in den Städten viele Mietskasernen erbaut worden, um neuen Wohnraum zu schaffen. Die Mietskasernen boten Platz für viele Familien.
Meist gab es ein Vorderhaus und dahinter ein oder mehrere Hinterhäuser. Das ist besonders typisch für Berliner Mietskasernen.
Je weiter hinten man wohnte, umso ärmer war man... Die Wohnungen der Hinterhäuser bestanden aus einer Küche, einem Schlafzimmer und einer Kammer. Das Leben spielte sich in der Küche ab – dem einzigen beheizbaren Raum. Die Toilette teilte man sich mit mehreren Familien, sie befand sich im Treppenhaus.
Besonders schlimm war man dran, wenn man im Tiefparterre wohnte. Das sind Wohnungen, die halb unter der Erde sind wie ein Keller. Dort war es meist besonders feucht und dunkel.
Schlafgänger und Untermieter
Um die Mieten zahlen zu können, nahmen sich viele Bewohner Schlafgänger. Dabei teilte man sein Bett mit einem anderen, der nur nachts arbeitete und das Bett darum nur tagsüber benötigte. Dieser Schlafbursche zahlte natürlich Geld für die Benutzung des Bettes. Kannst du dir vorstellen, wie jemand jeden Tag in deinem Bett schläft?
Diese Art, günstig zu wohnen, war vor allem in der Kaiserzeit weit verbreitet. 1875 gab es in 23 Prozent der Wohnungen Schlafgänger! In der Weimarer Republik waren es wesentlich weniger, aber es gab sie immer noch, die Schlafburschen.
Etwas komfortabler hatte es der Untermieter. Er bekam meist ein eigenes Zimmer mit eigenem Bett und erhielt morgens Frühstück. Dafür musste er natürlich auch mehr bezahlen.
Ein Bett für mehrere
Selbst wenn kein Schlafgänger mit in der Wohnung lebte – ein Bett für sich allein hatte kaum ein Kind. Die Familien waren groß und so mussten sich zwei Geschwister meist ein Bett teilen!
Da so viele Kinder in den Hinterhöfen wohnten, gab es aber natürlich auch eine große Anzahl an Spielkameraden.
Zu wenige Wohnungen
In den Städten fehlte es vielfach an Wohnraum. So gab es zum Beispiel 1925 in Berlin Bedarf an 100.000 Wohnungen. Also wurde gebaut. Mehr als zwei Millionen Wohnungen entstanden.
Einige Kriterien sollten erfüllt werden: Grün drumrum, Licht, sanitäre Anlagen. Die große Wohnungsnot konnte so zumindest verkleinert werden. Außerdem wurden Gesetze erlassen, die die Bewohner vor allzu hohen Mieten schützten.
Was waren Trockenwohner?
Wenn ein Haus neu erbaut war, brauchte der feuchte Mörtel Zeit zum Trocknen. Damit der Prozess schneller ging, ließ man Familien in diesen feuchten Wohnungen leben, entweder kostenlos oder für eine ganz geringe Miete: die Trockenwohner.
Manch arme Familie konnte sich so davor retten, obdachlos zu sein und zog von einem Neubau in den nächsten. Allerdings schadeten die feuchten Räume ihrer Gesundheit.
Das Leben auf dem Land in den 20er Jahren
Das Leben in der Stadt unterschied sich sehr vom Leben in der Stadt. Immerhin erreichte in den 1920er Jahren auch der technische Fortschritt das Land.
So schritt die Elektrifizierung fort, es gab eine zunehmende Anzahl an Telefonanschlüssen und über das Radio konnte man sich auch auf dem Land auf dem Laufenden halten.
Landwirtschaft in den 20er Jahren
In der Landwirtschaft selber war man aber weit hinter anderen Ländern wie den USA zurück. Überwiegend transportierte man Lasten weiterhin mit dem Pferdefuhrwerk statt mit Lastern.
Traktoren und Mähdrescher gab es noch nicht. Schnitterkolonnen sorgten dafür, dass das Getreide vom Feld kam. Solche Schnitter waren Wanderarbeiter, die von Hof zu Hof zogen und bei der Ernte halfen.
Melkmaschinen konnten sich vielleicht reiche Gutsbesitzer leisten, aber nicht die vielen Kleinbauern.