Sie wissen es nicht besser
Für Kinder war es schwer, sich dem Einfluss des Nationalsozialismus zu entziehen. Selbst die Eltern, die dem Nationalsozialismus kritisch gegebenüber standen, konnten ihre Kinder nicht "beschützen". So groß war die Angst und nur wenigen Eltern gelang es, ihre Kinder "herauszuhalten". Entweder hatte das Kind mit Folgen zu rechnen oder Vater und/oder Mutter.
Oft kannten die Kinder gar nichts anderes
Hatten die Eltern einen anderen Staat kennengelernt, ein Leben in Freiheit in der Weimarer Republik - der ersten deutschen Republik - führen können, so wurden die Kinder in ein System hineingeboren, das sie nicht mehr aus den Fängen ließ. Viele wussten es schlicht gar nicht besser. Da die Familie immer mehr an Bedeutung verlor, die Nazis wussten, wie sie die alten Familienbande zu zerstören hatten. Es gab es während der Zeit des Nationalsozialismus fast keine Einrichtung, die ihnen einen Gegenentwurf oder die Möglichkeit, anders zu leben, aufgezeigt hätte.
Allenfalls in Familien, in denen die Eltern religiös oder als Arbeiter Anhänger der SPD oder KPD waren, versuchten diese, die Kinder fern zu halten. Was mal mehr, mal weniger gut gelang.
Stell dir vor ...
Stell dir vor, du wärst 1930 geboren worden. Die Machtübernahme Hitlers war im Jahr 1933. Die Kindergartenzeit hättest du in einem nationalsozialistischen Kindergarten verbracht. Mit 10 Jahren wärst du als Pimpf in das Jungvolk oder als Mädchen bei den Jungmädels eingetreten. Hier hättest du gehört, wie großartig die Nationalsozialisten sind und vielleicht hätte es dir sogar gefallen, mit deinen Freunden oder Freundinnen gemeinsam etwas zu unternehmen. Mit 14 Jahren wärst du dann als Junge der HJ und als Mädchen dem BDM beigetreten.
Als Junge hätte man dich auf den kommenden Wehrdienst vorbereitet und als Mädchen auf deine spätere Tätigkeit als Hausfrau und möglichst Soldatenmutter. Da tobte schon der Zweite Weltkrieg und wahrscheinlich wärst du hier mit 14 Jahren beim Volkssturm gelandet und hättest am Ende geglaubt, dass du dein "Vaterland" verteidigst wie so viele Kinder dieser Zeit.
Auch Sophie Scholl begeisterte sich für den BDM - zu Anfang
Auch die spätere Widerstandskämpferin Sophie Scholl beschreibt ihre Begeisterung für den BDM. Selbst sie machte am Anfang gerne mit. Doch bei so manchem jungen Menschen kam mit der Zeit doch das Erwachen. Man stellte sich Fragen und die anfängliche Begeisterung kehrte sich in Kritik um. Doch wie Kritik üben in einem Staat, in einer Gesellschaft, in der Kritik unter schlimme Strafen gestellt wurde? Sophie Scholl wagte es und sie büßte es mit ihrem Leben, aber sie hat uns gezeigt, dass es trotzdem möglich war. Aber hierzu gehörte sehr viel Mut, Mut den nicht jeder aufbrachte.
Ganz normaler Alltag
Doch trotz aller nationalsozialistischen Organisationen wie HJ und BDM gab es für viele Kinder auch einen ganz normalen Alltag, vor allem für die Jüngeren. Sie gingen zur Schule, feierten Geburtstag, warteten auf den Nikolaus und saßen mit den Eltern um den Weihnachtsbaum, um Geschenke auszupacken. Solange der Zweite Weltkrieg noch nicht ausgebrochen war, mussten viele auch keine Not leiden. So nahmen ihre Eltern den Nationalsozialismus hin und wie sollten die Kinder das hinterfragen?
Video über den Alltag von Kindern im Nationalsozialismus - vor dem Ausbruch des Krieges
Auf folgendem Video siehst du, wie "normal" Kinder auch in den 30er Jahren gelebt haben. Dennoch findest du immer wieder Hinweise, dass der Nationalsozialismus sich auch in den Alltag der Kinder eingeschlichen hat. Schau ganz genau hin!
Mit freundlicher Genehmigung des Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart