Gibt es "Kannibalen" in der Südsee?

Deutsche Kolonien in der Südsee - Deutsch Neuguinea

Auch in der Südsee besaßen die Deutschen Kolonien wie Deutsch Neuguinea und Deutsch Samoa. Deutsch Neuguinea umfasste das Kaiser-Wilhelm-Land, das Bismarck-Archipel, einen Teil der Salomoninseln, die Marianen, die Karolinen und Palau, die Marschallinseln und weitere Inseln. Oft hörst du auch den Begriff "Deutsche Schutzgebiete". Dies meint dasselbe, also letztlich die Kolonien. Dieser Begriff ist aber beschönigend.

"Deutsche Schutzgebiete in der Südsee" - ein Traum für viele Deutsche?

Die Südsee war für viele Deutsche ein Traum. Zahlreiche Reiseberichte beschrieben die Inseln der Südsee mit ihren weißen Stränden, grünen Palmen und vor allem den faszinierenden Frauen als Ziel aller Reisewünsche. Und in der Südsee wurde auch schon seit dem 19. Jahrhundert Handel betrieben.

Die Entwicklung in den Kolonien der Südsee war eine andere als in Afrika. Da die Südsee ein ganzes Stück weiter weg vom Deutschen Reich lag, kümmerte man sich sehr viel weniger um diese kleinen Kolonien. Die Verwaltung ging behutsamer und vorsichtiger vor. So gab es in der Folge auch weniger Aufstände der Einheimischen. Und diese sahen durchaus auch die Vorteile, die ihnen die Herren aus fernen Ländern brachten.

Deutsch Samoa und Gouverneur Wilhelm Solf

Die Leitlinie von Wilhelm Solf, dem Gouverneur von Deutsch Samoa, hieß, sich möglichst wenig in die Angelegenheiten der Einheimischen einzumischen und ein System der Selbstverwaltung einzurichten. So baute er das Schulsystem aus und sorgte dafür, dass sowohl auf Deutsch aber auch in der Sprache der Einheimischen unterrichtet wurde. Auch Solf glaubte an die Überlegenheit der deutschen Kultur und wollte die Einheimischen "erziehen". Gewiss war auch er nicht frei von rassistischen Vorstellungen. Aber er wollte niemals die Menschen, die auf Somoa lebten, zu Deutschen machen oder sie gar vernichten. Gewalt war für ihn nicht das Mittel der Politik. Das unterschied Wilhelm Solf von vielen anderen Kolonialverwaltern.

Kannibalismus war fest in der Kultur der Menschen verankert

Die Kulturen der Südsee-Inseln waren völlig unterschiedlich von der europäischen oder deutschen. Auch wenn es in der Summe in den deutschen Kolonien in der Südsee weniger Gewalt gab, so kam es zwischen den einzelnen Bewohnern immer wieder zu Konflikten. Es gab die Vorstellung vom "gruslig aussehenden, hässlichen" Inselbewohner. Dies war ein Schreckensbild, das in Schauergeschichten in der Heimat herumgeisterte. Doch in manchen Regionen, wie zum Beispiel auf Papua-Neuguinea, gab es durchaus Kannibalismus.

Die Menschen glaubten, dass das Aufessen der Feinde stark macht

Das bedeutete, dass sich befeindete Gruppen gegenseitig aufgegessen haben. Sie wurden gebraten und gekocht und manchmal auch zuvor noch gefoltert. Das klingt für uns schrecklich und war es sicher auch für die Betroffenen. Aber es war Teil der Kultur. Die Menschen glaubten, dass sie durch das Aufessen die Stärke des Feindes gewinnen würden. Es ging nicht darum, besonders grausam zu sein. Es war ein Teil des Überlebenskampfes. Es kam auch vor, dass Weiße in die Hände der "Kannibalen" fielen, allerdings passierte dies selten.
 

Deutsche Schutzgebiete

Manchmal hörst du auch für die deutschen Kolonien den Ausdruck "Deutsche Schutzgebiete". Darunter verstehen wir - nehmen wir das wortwörtlich - erst einmal etwas Gutes. Wer jemanden beschützt, der tut etwas Verantwortungsvolles. Doch darf dieser Ausdruck nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen vor Ort, die Einheimischen, nicht geschützt, sondern letztlich unterdrückt, ausgenutzt und meist schlecht behandelt wurden. Deshalb ist der Ausdruck "Schutzgebiete" sehr beschönigend.

Zu Anfang der "deutschen Schutzherrschaft" in der Südsee kümmerte man sich wenig um den Kannibalismus der Menschen vor Ort. Erst später ging man dagegen vor. Allerdings war es schwer, in den entlegenen Landesteilen diese alte Tradition der Bevölkerung völlig zu beseitigen. Auch heute kann man es nicht ausschließen, dass es in abseits gelegenen Regionen Neuguineas immer noch ab und an zu Kannibalismus kommt.

Die deutschen Kolonien in der Südsee waren für viele ein Albtraum

Für viele Deutsche war ein Aufenthalt in der Südsee ganz anders als sie es sich erträumt hatten. Das Klima, die Hitze, die Krankheiten machten vielen zu schaffen. Das Paradies Südsee wurde oft zu einer "grünen Hölle auf Erden". Dies können wir Lebensbeschreibungen der Menschen, die dort lebten, entnehmen.