Verjährungsdebatte in der Bundesrepublik
10.03.1965
Verjährt Mord?
Mord verjährte nach dem deutschen Strafgesetz nach 20 Jahren. 20 Jahre nach einem Mord durfte die Tat demnach nicht mehr verfolgt werden, der Täter konnte somit nicht verurteilt werden.
Durch die Auschwitz-Prozesse wurde nun eine Debatte in der Bevölkerung, den Medien und der Politik entfacht, denn 1965 waren genau 20 Jahre seit Kriegsende vergangen. Den Fristbeginn hatte man auf das Ende des Krieges am 8. Mai 1945 festgesetzt. So kam es 1965 zur Verjährungsdebatte. Gab es also nun eine Verjährung der NS-Verbrechen?
Verjährung von NS-Verbrechen
Die Gesellschaft war gespalten. Die einen fanden, die Verfolgung von Nazi-Verbrechen sollte beendet werden und eine Verlängerung der Frist sei rechtlich nicht möglich. Die anderen wollten, dass die Täter zur Verantwortung gezogen würden.
Intensiv wurde im Bundestag über alle Parteigrenzen hinweg diskutiert. Für eine Verlängerung oder Aufhebung der Verjährung sprachen sich zum Beispiel Adolf Arndt (SPD) und Ernst Benda (CDU) aus. Gegen die Verjährung sprachen z. B. Ewald Bucher (FDP) und Rainer Barzel (CDU), dessen Bemerkungen (wie: bei "politischem Irrtum" könne es keine Schuld geben) auf großen Widerspruch stießen.
Was sagte Adolf Arndt zur Verjährungsdebatte?
Berühmt wurde die Rede von Adolf Arndt, in der er sich zu einer moralischen Mitschuld an den NS-Verbrechen bekannte:
"Ich weiß mich mit in der Schuld. Denn sehen Sie, ich bin nicht auf die Straße gegangen und habe geschrien, als ich sah, dass die Juden aus unserer Mitte lastkraftwagenweise abtransportiert wurden. Ich habe mir nicht den gelben Stern umgemacht und gesagt: Ich auch! Ich kann nicht sagen, dass ich genug getan hätte. […] Man kann doch nicht sagen: Ich war noch nicht geboren, dieses Erbe geht mich gar nichts an. […] Es geht darum, dass wir dem Gebirge an Schuld und Unheil, das hinter uns liegt, nicht den Rücken kehren."
Verlängerung der Verjährungsfrist bis zur Aufhebung
Man einigte sich schließlich zunächst darauf, die Verjährungsfrist um 4 Jahre anzuheben, sodass sie 1969 erneut endete.
Aber 1969 war absehbar, dass mehr Zeit benötigt würde und man verlängerte die Frist noch einmal um 10 Jahre bis 1979.
1979 wurde die Verjährung für Mord generell aufgehoben. Mord verjährt also seitdem gar nicht nach dem deutschen Gesetz.