Konflikte und Kriege Russlands mit den Nachbarn – Tschetschenienkrieg
Warum kam es zum Krieg in Tschetschenien?
Die unsichere wirtschaftliche Lage im Russland der 1990er Jahre, aber auch die immer größer gewordene Selbstbestimmung der einzelnen Föderativsubjekte, führte auch dazu, dass es zu Bestrebungen nach Unabhängigkeit kam. In Tschetschenien kam es sogar zum Krieg. Tschetschenien liegt im Südwesten Russlands, im Nordkaukasus (siehe Gliederung Russlands). Hier lebt das Volk der Tschetschenen. Tschetschenien war ein Teil der Sowjetunion gewesen und gehörte in ihr zur Russischen Sowjetrepublik, nach dem Ende der Sowjetunion zu Russland.
Schon seit dem 16. Jahrhundert hatte Russland hier Einfluss ausgeübt. Fast genauso alt ist der Konflikt zwischen Russen und Tschetschenen. Immer wieder kam es zu Aufständen gegen Russland. Der Konflikt war nicht nur einer zwischen zwei Völkern und Kulturen, sondern auch religiös, da die Tschetschenen dem Islam anhängen.
1944 wurden mehrere hunderttausend Tschetschenen von den Russen deportiert, da sie angeblich mit den Nazis zusammengearbeitet hätten. Sie konnten zwar 1957 zurückkehren, doch inzwischen hatten sich viele Russen auf tschetschenischem Gebiet angesiedelt. Zu dieser Zeit lebten mehr Russen als Tschetschenen in der Region. 1989 lebten schließlich 66 Prozent Tschetschenen in Tschetschenien, also mehr als vorher, aber der Anteil der Russen war immer noch hoch. Mit dem Zerfall der Sowjetunion stieg der Wunsch nach Unabhängigkeit bei den Tschetschenen wieder.
Am 1. November 1991, also noch vor Auflösung der Sowjetunion Ende Dezember, erklärte Tschetschenien sich für unabhängig. Russland erkannte das nicht an und unterstützte pro-russische Politiker, also diejenigen, die für Russland waren. Unter dem tschetschenischen Präsidenten Dudajew brach jedoch die Wirtschaft zusammen. Ein von Russland unterstützter Putsch scheiterte.
Erster Tschetschenienkrieg
Im Dezember 1994 rückten schließlich russische Truppen ins Land ein. Das war der Beginn des Ersten Tschetschenischen Krieges.
Russland konnte diesen Krieg jedoch nicht für sich entscheiden. Man schloss am 31. August 1996 Frieden. Tschetschenien behauptete seine Unabhängigkeit, auch wenn diese offiziell nicht anerkannt wurde.
Die russischen Truppen zogen ab. Neuer Präsident wurde 1997 Aslan Maschadow. Die wirtschaftliche Lage blieb jedoch miserabel. Islamisten gewannen immer mehr Macht.
Kriminalität und Terror nahmen zu. Schamil Bassajew führte einer der islamistischen Gruppen an. Er griff mit seinen Rebellen im August 1999 Dagestan an, eine weitere Kaukasusrepublik, die zu Russland gehört.
Im Dagestankrieg wurden die Rebellen bis September 1999 wieder aus Dagestan vertrieben.
Zweiter Tschetschenienkrieg
Im September 1999 wurden in Moskau zwei Anschläge verübt, bei denen mehr als 200 Menschen starben. Man nimmt an, dass der russische Geheimdienst FSB diese Anschläge inszenierte. Russland und sein Präsident Putin machten jedoch Tschetschenen dafür verantwortlich. Russland erklärte Tschetschenien den Krieg und marschierte in das Land ein.
Der Zweite Tschetschenienkrieg begann. Dieses Mal konnte Russland Tschetschenien schnell unter seine Kontrolle bringen. Das Gebiet wurde wieder nach Russland eingegliedert. Die Kampfhandlungen endeten im Jahr 2000.
Terroranschläge der tschetschenischen Rebellen
Allerdings operierten die tschetschenischen Rebellen im Untergrund weiter. Es kam zu zahlreichen Terroranschlägen. Zu diesen gehörte auch spektakuläre Geiselnahmen.
Am 22. Oktober 2002 drangen rund 40 tschetschenische Terroristen, darunter viele Frauen, während einer Aufführung in das Dubrowka-Theater ein (Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater). Sie forderten von Russland den sofortigen Abzug aus Tschetschenien. Russische Sicherheitskräfte führten nach mehreren Tagen ohne erfolgreiche Verhandlungen eine Befreiungsaktion mit Betäubungsgas durch, bei der die Geiselnehmer erschossen wurden, aber auch viele Geiseln durch das Gas ums Leben kamen.
Schwarze Witwen
Schwarze Witwen nennt man die Selbstmordattentäterinnen aus Tschetschenien. Andere Namen für sie sind Smertnizy oder Schachidky. Einige von ihnen gehörten Im Oktober 2002 zu den Geiselnehmern im Moskauer Dubrowka-Theater.
Am 1. September 2004 kam es zur Geiselnahme von Beslan, nachdem es wenige Tage zuvor schon Anschläge in einer U-Bahn-Station in Moskau und auf zwei russische Passagierflugzeuge gegeben hatte. In Beslan, eine Stadt auf russischem Gebiet in Nordossetien, wurden an diesem Tag mehr als 1000 Menschen in einer Schule von tschetschenischen Rebellen in ihre Gewalt gebracht. Sie feierten hier den Beginn des Schuljahres. Die Russen stürmten das Gebäude nach drei Tagen. 331 Geiseln starben dabei, darunter viele Kinder.
Schamil Bassajew, einer der Anführer der Rebellen, wurde 2006 getötet.
2007 wurde Ramsan Kadyrov als Präsident Tschetscheniens vereidigt. Er regiert diktatorisch. Immer wieder kommt es zu Menschenrechtsverletzungen. Korruption und Personenkult gehören zum Alltag.
Der Krieg wurde 2009 offiziell für beendet erklärt. Dennoch kam es zu weiteren Anschlägen. So wurde im März 2010 Sprengstoff in Moskauer Metrostationen gezündet, im Januar 2011 kam es zu einem Terroranschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo.