Elli - stolz darauf Deutsche zu sein
Heute haben wir den 30. Januar 1933. Ich darf mit meinen Eltern zur Siegesparade von Adolf Hitler, der wurde nämlich heute zum Reichskanzler ernannt. Der Reichskanzler ist der mächtigste Mann bei uns in Deutschland, neben dem Reichspräsidenten, der heißt Hindenburg. Der ist aber schon ziemlich alt, wahrscheinlich wird er nicht mehr lange leben, meint mein Vater. Und wer weiß, was dann kommt, sagt immer meine Mutter.
Ich finde es toll, dass ich dabei sein darf. Meine Eltern sind gar nicht so begeistert, aber sie wollen nicht, dass ich da alleine hingehe. Ich finde Hitler gut, weil er sich auch um uns Jugendliche kümmert und es ihm egal ist, ob einer arm oder reich ist. Und wir sind nicht reich, aber wir sind gute Deutsche und darauf bin ich stolz. Es wehen ganz viele Fahnen, auch viele Farben mit den schwarzen Hakenkreuzen auf rotem Hintergrund. Manche Fahnen sind aber falschrum genäht, habe ich gesehen, aber trotzdem, die Leute sind einfach begeistert. Tausende von Menschen stehen in den Parks, auf den Straßen und in den Gärten und jubeln und freuen sich. Die Stimmung ist einfach fröhlich. Viele Anhänger Hitlers sind hier versammelt, die einen von der SA tragen braune Hemden, das ist Hitlers persönliche Armee. Die von der Schutzstaffel, das ist die SS, haben schwarze Hemden an. Und dann gibt es noch ganz viele Jungen und Mädchen, die gehören zur Hitlerjugend oder zum Bund deutscher Mädel. Bei denen würde ich auch so gerne mitmachen, aber ich darf da nicht hin, meine Eltern haben es mir verboten.
Alle tragen lodernde Fackeln und ziehen in Reih und Glied durch Berlin. Sie marschieren durch das Brandenburger Tor und biegen in die Wilhelmstraße ab. Hitler steht auf dem Balkon der Reichkanzlei und alle bejubeln ihn. Sie strecken den Arm aus und rufen "Heil Hitler!". Meine Mutter schaut ziemlich traurig, mein Vater ist wütend. Sie stehen stumm da und rufen nichts. Ich verstehe das nicht, hat der Führer nicht allen Menschen Mut gemacht? Ich muss unbedingt noch einmal mit meinen Eltern reden, dass sie mich auch zum BDM, das ist der Mädchenbund der Hitlerjugend, lassen. Alle meine Freundinnen sind auch dort.