Was passierte beim Eichmann-Prozess?
Am 10. April 1961 begann der Prozess gegen den Organisator des Massenmordes an den europäischen Juden, gegen Adolf Eichmann, Leiter des Judenreferates im Reichssicherungshauptamt. Der Prozess endete am 15. Dezember 1961 mit dem Todesurteil gegen Eichmann. Die ganze Welt verfolgte diesen Prozess, der gleichzeitig der Beginn eines neuen Nachdenkens über die Verbrechen und Verbrecher des Nationalsozialismus war.
Eichmann tauchte nach dem Krieg unter
Adolf Eichmann konnte nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland untertauchen und 1950 mit Hilfe katholischer Kreise nach Argentinien fliehen. Dort kam ihm jedoch der israelische Geheimdienst auf die Spur und entführte ihn nach Israel, um ihm dort den Prozess zu machen. Zwischen Argentinien und Israel bestand kein Auslieferungsabkommen, das eine völkerrechtlich begründete Übergabe des Kriegsverbrechers Eichmann an Israel ermöglicht hätte. Deshalb kam es zu dieser Entführung, die weltweit allerdings umstritten war.
Eine israelische Spezialeinheit führte die Ermitlungen über neun Monate hinweg, bis am 21. Februar 1961 Anklage gegen Adolf Eichmann erhoben wurde. Diese Anklage umfasste Verbrechen gegen das jüdische Volk, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie die Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation, womit die SS gemeint war.
Die Anklage und der Prozess
Der Prozess gegen Adolf Eichmann begann am 10. April 1961 vor dem Bezirksgericht in Jerusalem. Etwa 1600 Dokumente, die dem Gericht vorlagen, sollten Eichmanns Schuld beweisen. 100 Zeugen wurden während der Verhandlung angehört. Diese Zeugen schilderten vor allem die schrecklichen Taten der SS und das Leben in den Konzentrationslagern der Nazis.
Schreibtischtäter?
Eichmann selbst verteidigte sein Handeln mit der Begründung, er habe immer nur auf Befehl hin gehandelt. Er bezeichnete sich selbst als "Rädchen im System", was bedeuten sollte, dass er eben genau dies ausführen musste, was ihm befohlen wurde. Er selbst habe ja nie Juden geschädigt oder gar ermordet. So fühlte er sich bis zum Todesurteil unschuldig und legte gegen das Urteil Widerspruch ein. Eichmann leugnete, ein überzeugter Nationalsozialist gewesen zu sein. Er sah sich als "Schreibtischtäter", der im juristischen Sinne nicht zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Der Schuldspruch
Doch nach acht Monaten Verhandlung wurde Eichmann in allen Anklagepunkten für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 1. Juni 1962 vollstreckt. Eichmanns Asche streute man über dem Meer aus. Es sollte kein Grab geben, an dem Nationalsozialisten ihren "Helden" verehren konnten.
Weltweites Interesse am Prozess
Der Prozess interessierte viele Menschen auf der ganzen Welt und wurde auch im Radio und im Fernsehen übertragen. Er leitete auch einen neuen Umgang mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ein. In Israel - dem Land der Opfer - hatte man nach 1945 oft genug geschwiegen, genauso wie in Deutschland - im Land der Täter. So begann man sich erstmals wieder mit den Verbrechen der Nazis auseinanderzusetzen. So stieg nach diesem Prozess auch die Zahl der Anklagen gegen Kriegsverbrecher in Deutschland wieder an.
Die "Banalität des Bösen"
In engem Zusammenhang mit dem Prozess gegen Eichmann stand die Diskussion über eine Veröffentlichung der Philosophin Hannah Arendt. Diese hatte den Prozess als Berichterstatterin beobachtet und den Begriff der "Banalität des Bösen" geprägt. Während Hannah Arendt damit zum Ausdruck bringen wollte, dass sich das Böse oft hinter einem ganz normalen Menschen verbergen kann, denn so erlebte sie Eichmann während des Prozesses, verursachte sie damit eine große öffentliche Diskussion.