Wohin mit den Geflüchteten?

Ab 1944 flohen viele Deutsche aus den Gebieten im Osten.

Kinder suchten ihre Eltern, Eltern ihre Kinder

Wenn die Flüchtlinge aus dem Osten irgendwann im Westen ankamen, waren die Verhältnisse oft völlig chaotisch. Denn selbst wenn sie irgendwo einen Unterschlupf gefunden hatten, so bedeutete das noch lange nicht, dass sie dort auch bleiben konnten. Oft waren Familien auch überall verstreut. Eltern suchten ihre Kinder und umgekehrt. Es gab einen Suchdienst des Roten Kreuzes, der in der Zeit von 1945 bis 1950 acht Millionen Menschen wieder zusammenführte, die sich in den Wirren des Krieges und der Nachkriegszeit verloren hatten. Dennoch standen 1959 immer noch über eine Million Menschen auf der Liste der Verschollenen des Deutschen Roten Kreuzes.

Die Zuwanderung glich die hohen Verluste wieder aus

So hart das klingen mag, aber durch die Zuwanderung der Flüchtlinge wurden die Verluste des Zweiten Weltkrieges wieder ausgeglichen. Die Einwohnerzahl in Deutschland war sogar angewachsen. Lebten 1939 - also vor dem Krieg - circa 59 Millionen Menschen auf dem Gebiet der DDR und der Bundesrepublik, so waren es 1949 über 68 Millionen Menschen.

Sowjetische Besatzungszone mit den meisten Vertriebenen

Die sowjetische Besatzungszone hatte die größeren Lasten zu tragen, denn hier betrug der Bevölkerungsanteil an Vertriebenen sogar 24 Prozent. Das hieß, jeder vierte Bewohner war geflohen und oft genug auf Hilfsleistungen angewiesen. In manchen Gegenden, wie zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, das ja weit im Osten lag, kam man bei Zählungen sogar auf eine Zahl von über 43 Prozent an Flüchtlingen. Man versuchte die meisten Menschen auf dem Land unterzubringen, wobei viele dann doch in die Städte abwanderten.

Ein Drittel der Menschen, die bis 1961, dem Jahr des Mauerbaus und der kompletten Sperrung der Grenze, die DDR verließen, waren Flüchtlinge. In den westlichen Besatzungszonen lag der Anteil nur bei 18 Prozent.

Hoffnung auf Rückkehr erlosch

Noch im Jahr 1949 hofften viele Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimat. Doch dieser Weg war ihnen mittlerweile versperrt. Die Siegermächte wünschten nicht mehr an den Grenzen der Nachkriegszeit etwas zu verändern. Man hoffte, dass sich die Vertriebenen in der übrigen Bevölkerung einreihen und längerfristig verschmelzen würden.

Die DDR erkannte die Oder-Neiße-Grenze schon 1950 völkerrechtlich an, was die Vertriebenen in Ost und West nicht begeisterte. Lange Zeit dauerte der Prozess, bis sich die meisten damit abfanden.

Die Konflikte blieben bestehen

Auch die Konflikte zwischen den Menschen, die schon lange in Deutschland wohnten, und denen, die hinzukamen, blieben im ersten Nachkriegsjahrzehnt bestehen.

Oft wurden die Neuankömmlinge beschimpft und ausgegrenzt, was vielen noch viel mehr zu schaffen machte als die Wohnungsnot und Armut. Auch wenn der Staat versuchte, finanziell Hilfe zu leisten, standen viele Menschen den "Umsiedlern" wenn nicht feindlich, so doch skeptisch gegenüber. Und diese hatten mit dem Trauma zu leben, dass sie auf die Hilfe angewiesen waren, denn nur die wenigsten konnten wirklich Besitz retten, die meisten hatten einfach gar nichts außer ihrem Leben.


Blick voraus

Mit dem steigenden wirtschaftlichen Erfolg gab es schließlich Arbeit für die meisten und damit auch einen bescheidenen Wohlstand, der alle erfasste, auch die Flüchtlinge aus dem Osten.

Am Ende der 50er Jahre war ein Großteil der vielen Millionen Menschen, die aus dem Osten ins Land gekommen waren, eingegliedert und Teil der Gesellschaft. Oft wird vergessen, dass dies sicher eine große Leistung der gesamten Gesellschaft gewesen ist und nur so die Eingliederung überhaupt gelingen konnte.